Darf der Nachbar Klavier spielen?
Hausmusik: Was früher ein schöne Tradition war, wird heutzutage leider mehr und mehr zum Ärgernis und zum Anlass für Nachbarschaftsstreit
Sobald Klavier, Gitarre, Saxophone oder gar ein Schlagzeug erklingen in der Nachbarschaft erklingen, fühlen sich andere dadurch gestört.
Welche gesetzlichen Regeln gibt es zum Musizieren in der Wohnung und worauf sollte man achten, um Streit zu vermeiden?
Erstmal die gute Nachricht für alle Musikfreunde: Grundsätzlich ist Musizieren in der Wohnung erlaubt!
Es ist zumindest nicht grundsätzlich verboten, denn „Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit“ schließt eben auch ein, zum eigenen Vergnügen in der Wohnung Musik zu machen und sich mit entsprechenden Instrumenten künstlerisch auszudrücken.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch die Persönlichkeitsrechte der gezwungenermaßen lauschenden Nachbarn, die sich durch die Musik gestört fühlen könnten und die zarten Töne eher als Lärmbelästigung betrachten.
Zimmerlautstärke + Ruhezeiten
Entscheidend für die Beantwortung der Frage, wann und wie lange die Musik spielen darf, ist die Geräuschkulisse, die entsteht, wenn man munter frohlockend musiziert. Bleibt alles im Rahmen der sogenannten Zimmerlautstärke, kann man eigentlich ohne Einschränkungen musizieren, eigentlich auch dann sogar zu jeder Zeit. Bei Gesprächen, Fernsehern oder anderen Aktivitäten, bei denen wir Geräusche von uns geben, mag das noch regulierbar sein, viele Instrumente lassen sich allerdings nicht „leise“ spielen. Und hier kommt dann der Begriff der Ruhezeiten zum tragen: Hiermit sind gemeint:
– die Nachtruhe von 22.00 bis 6.00 Uhr
sowie
– die Mittagsruhe von 13.00 bis 15.00 Uhr
und nicht zu vergessen
– die ganztägige Sonntags- und Feiertagsruhe.
Allerdings gelten nicht überall diese allgemeine Ruhezeiten. In Berlin beispielsweise ist die Mittagsruhe nicht gesetzlich verankert. Hier können dann die Hausordnung oder der Mietvertrag entsprechende Vorschriften enthalten.
Wie entscheiden Gerichte?
Sollte es am Ende doch zu einem Nachbarschaftsstreit kommen, müssen Gerichte entscheiden und hier gibt es kaum Grundsatzentscheidungen, sondern meistens Einzelfallregelungen. Das liegt vor allem daran, dass es immer individuelle Umstände an den Wohnungen und der Bausubstanz gibt.
Hier ein paar Beispiele:
- Klavier spielen: Das OLG Frankfurt schränkte in einem Fall das Klavierspielen auf 1,5 Stunden pro Tag ein (AZ 20 W 148/84).
- Schlagzeug spielen: Das LG Fürth setzte einen Rahmen von täglich 45 bis 90 Minuten Spielzeit (AZ 13 S 5296/90).
- Klarinette spielen: Das OLG Karlsruhe setzte für das Spielen werktäglich zwei Stunden sowie an Sonntagen eine Stunde an (AZ 6 U 30/87).
- Akkordeon spielen: Das LG Kleve begrenzte das Spielen auf täglich 1,5 Stunden und verbot es sogar zwischen 22 und 9 Uhr sowie zwischen 13 und 15 Uhr. Weitere Auflage: Während des Spielens müssen Fenster und Türen geschlossen bleiben (AZ 13 S 5296/90).
Die obenstehenden Beispiele zeigen, dass es sehr individuell gehandhabt wird, was übrigens auch für die bereits genannten anderen Aktivitäten gilt, bei denen wir üblicherweise Geräusche von uns geben, durch die sich Nachbarn gestört fühlen könnten.
Gesetzlich gibt es keine wirkliche Definition von „Zimmerlautstärke“. Es kann rechtlich nicht genau festgelegt werden, was das eigentlich ist, außer die Tatsache, die der Begriff in sich trägt: Die Lautstärke sollte möglichst innerhalb des Zimmers zu hören sein, aber nicht darüber hinaus.
Das impliziert, dass Nachbarn nicht beeinträchtigt werden dürfen aber man selbst durch die Nachbarn auch nicht entsprechend zu beeinträchtigen ist.
Einzelfallentscheidungen werden es in der Regel deshalb, weil hier vor allem die bauliche Beschaffenheit sowie auch das Alter des Gebäudes eine Rolle, in dem sich die Lautstärke entwickelt.
Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Definition des Begriffs „Zimmerlautstärke“, können auch keine pauschalen Dezibelwerte genannt werden. Allerdings sind Durchschnittswerte z.B. in baurechtlichen Vorschriften zu finden (DIN 4109 zur Schalldämmung von Bauteilen). Auch bisherige Rechtsprechung können als Richtwerte hinzugezogen werden.
Hier wird üblicherweise davon ausgegangen, dass die sogenannten Dezibel-Zahl (db) tagsüber die 40 und nachts die 30 nicht überschreitet.
Kinderlärm = Zukunftsmusik
Wenn Kinder Musik machen, sieht die Welt etwas anderes aus:
In der Regel besteht in dem Zusammenhang kein Unterlassungsanspruch wegen Lärmbelästigung. Selbst dann nicht, wenn sich der verbitterte Nachbar in seiner Mittagsruhe gestört fühlt.
So hat das AG München die Klage eines Ehepaares abgelehnt (AZ 171 C 14312/16). Die Kläger waren der Meinung, dass die Nachbarskinder so viel Lärm erzeugen, auch während der Ruhezeiten, dass sie selbst in der Nutzung des eigenen Hauses und sogar des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt würden.
Das Gericht stellte fest, dass von minderjährigen Kindern die Einhaltung von Regeln nicht im gleichen Umfang verlangt werden könne wie von Erwachsenen. Zudem verwies das Gericht auf Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) nach dem die gesunde Entwicklung junger Menschen unter besonderem Schutz steht.
Sollte es bei Ihnen also einmal zu einem Nachbarschaftsstreit kommen, sollten Sie entsprechend gut abgesichert sein. Unser Rechtsschutzangebot, das wir gemeinsam mit unserem Rechtsschutzpartner ARAG darstellen können, hilft Ihnen nicht nur in dieser Situation.
Lassen Sie uns darüber sprechen, bevor es zu spät ist!
Michael Schmidt
Bachelor of Arts (B.A.), Immobilienmanagement
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